Hausaufgabenblatt 9


 

Aufgabe HA 38

 

Es seien \( \varepsilon\gt 0 \) und \( x_0\in\mathbb R. \) Beweisen Sie, dass der offene Ball \[ B_\varepsilon(x_0):=\{x\in\mathbb R\,:\,|x-x_0|\lt\varepsilon\} \] offen ist im Sinne der Definition aus der Vorlesung.

 

Lösung Sei \( x_0\in B_\varepsilon(x) \) beliebig gewählt. Im Fall \( x=x_0 \) gilt offensichtlich \( B_\varepsilon(x_0)\subseteq B_\varepsilon(x), \) und damit ist \( x \) ein innerer Punkt von \( B_\varepsilon(x). \) Sei nun \( x_0\in B_\varepsilon(x) \) mit \( x_0\not=x. \) Wir setzen \[ \nu:=\min\{|x-x_0|,|x+\varepsilon-x_0|\}\,. \] Dabei bedeutet \( \nu \) der kleinere der beiden Abstände von \( x_0 \) entweder zu \( x \) oder zu \( x+\varepsilon. \) Es gilt also \[ B_\frac{\nu}{2}(x_0)\subset B_\varepsilon(x), \] d.h. \( x_0 \) ist ein innerer Punkt von \( B_\varepsilon(x). \) Da \( x_0\in B_\varepsilon(x) \) beliebig war, folgt die Behauptung.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe HA 39

 

Es sei \( f\colon\mathbb R\to\mathbb R \) Lipschitzstetig, d.h. mit einer reellen Zahl \( L\in[0,\infty) \) gilt \[ |f(x)-f(y)|\le L|x-y|\quad\mbox{für alle}\ x,y\in\mathbb R. \]

(i) Geben Sie ein Beispiel einer Lipschitzstetigen Funktion.
(ii) Beweisen Sie, dass \( f \) stetig und sogar gleichmäßig stetig in \( \mathbb R \) ist.
(iii) Sind Summen und Produkte Lipschitzstetiger Funktionen \( f\colon\mathbb R\to\mathbb R \) ebenfalls Lipschitzstetig? Begründen Sie, oder geben Sie ein Gegenbeispiel.

 

Lösung

 

(i) Ein Beispiel ist die Funktion \( f(x)=x \) selbst.
(ii) Im Fall \( L=0 \) gilt

\[ f(x)=f(y)\quad\mbox{für alle}\ x,y\in\mathbb R, \]

  d.h. \( f \) ist konstant und damit gleichmäßig stetig. Sei nun \( L\gt 0. \) Zu vorgegebenem \( \varepsilon\gt 0 \) setzen wir \( \delta(\varepsilon):=\frac{\varepsilon}{L} \) und ermitteln

\[ |f(x)-f(y)|\le L|x-y|\lt L\delta(\varepsilon)=L\cdot\frac{\varepsilon}{L}=\varepsilon \]

  für alle \( x,y\in\mathbb R \) mit \( |x-y|\lt\delta(\varepsilon), \) d.h. \( f \) ist auf \( \mathbb R \) Lipschitzstetig.
(iii) Die Summe zweier Lipschitzstetiger Funktionen ist wieder Lipschitzstetig, denn seien

\[ |f(x)-f(y)|\le L_f|x-y|,\quad |g(x)-g(y)|\le L_g|x-y| \quad\mbox{für alle}\ x,y\in\mathbb R, \]

  so ist mit der Dreiecksungleichung

\[ \begin{array}{lll} |f(x)+g(x)-f(y)-g(y)| & \le & |f(x)-f(y)|+|g(x)-g(y)| \\[0.6ex] & \le & L_f|x-y|+L_g|x-y| \\[0.6ex] & = & (L_f+L_g)|x-y|\,=:\,L|x-y| \end{array} \]

  mit der neuen Lipschitzkonstanten \( L:=L_f+L_g. \) Das Produkt Lipschitzstetiger Funktionen ist hingegen nicht notwendig Lipschitzstetig. Ein Gegebenbeispiel wäre

\[ f(x)=x\quad\mbox{und}\quad g(x)=x \]

  mit dem Produkt \( f(x)g(x)=x^2, \) was auf \( \mathbb R \) nicht Lipschitzstetig ist.

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe HA 40

 

Betrachten Sie die Funktion \[ f\colon\mathbb R\longrightarrow\mathbb R \quad\mbox{vermöge}\quad f(x) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{x^4-5x^2+4}{x^2-x-2}\,, & \mbox{falls}\ x\in\mathbb R\setminus\{-1,2\} \\[2ex] \displaystyle \alpha, & \mbox{falls}\ x=-1 \\[2ex] \displaystyle \beta, & \mbox{falls}\ x=2 \end{array} \right.. \] Bestimmen Sie \( \alpha\in\mathbb R \) und \( \beta\in\mathbb R, \) so dass \( f \) in \( \mathbb R \) stetig ist. Begründen Sie.

 

Lösung

 

Zunächst sind \[ \begin{array}{l} x^4-5x^2+4=(x-1)(x+1)(x-2)(x+2), \\[0.6ex] x^2-x-2=(x-2)(x+1), \end{array} \] so dass \[ f(x) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle (x-1)(x+2), & \mbox{falls}\ x\in\mathbb R\setminus\{-1,2\} \\[2ex] \displaystyle \alpha, & \mbox{falls}\ x=-1 \\[2ex] \displaystyle \beta, & \mbox{falls}\ x=2 \end{array} \right.. \] Nun gelten \[ \begin{array}{l} \displaystyle\lim_{x\uparrow -1}f(x)=\lim_{x\uparrow -1}(x-1)(x+2)=-2, \\[1ex] \displaystyle\lim_{x\downarrow -1}f(x)=\lim_{x\downarrow -1}(x-1)(x+2)=-2, \\[1ex] \displaystyle\lim_{x\uparrow 2}f(x)=\lim_{x\uparrow 2}(x-1)(x+2)=4, \\[1ex] \displaystyle\lim_{x\downarrow 2}f(x)=\lim_{x\downarrow 2}(x-1)(x+2)=4. \end{array} \] Es ist also \( f \) in ganz \( \mathbb R \) stetig, wenn wir \[ \alpha=-2\quad\mbox{und}\quad\beta=4 \] setzen.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe HA 41

 

Untersuchen Sie die Funktion \[ f(x):=\frac{1}{x}\,,\quad x\in(0,1], \] auf Stetigkeit und gleichmäßige Stetigkeit in \( (0,1] \) nach Definition.

 

Lösung

 

Die Funktion ist nicht gleichmäßig stetig auf \( (0,1]. \) Angenommen, sie wäre gleichmäßig stetig. Zu \( \varepsilon=1 \) existiert dann ein \( \delta\gt 0 \) mit \[ |f(x)-f(y)|\lt 1\quad\mbox{für alle}\ x,y\in(0,1]\ \mbox{mit}\ |x-y|\lt\delta. \] Zu diesem \( \delta\gt 0 \) existiert aber ein \( n\in\mathbb N \) mit \[ \frac{1}{2n}\lt\delta\quad\mbox{bzw.}\quad\frac{1}{n}-\frac{1}{2n}\lt\delta. \] Wir werten nun \( f \) an den Stellen \( x=\frac{1}{2n}\in(0,1] \) und \( y=\frac{1}{n}\in(0,1] \) aus und erhalten \[ |f(x)-f(y)|=\left|\,f\left(\frac{1}{2n}\right)-f\left(\frac{1}{n}\right)\right|=|2n-n|=n\ge 1. \] Dieser Widerspruch zeigt, dass \( f \) nicht gleichmäßig stetig ist auf \( (0,1].\qquad\Box \)

 

 

Aufgabe HA 42

 

Zeigen Sie, dass es keine Funktionen \( f,g\colon\mathbb R\to\mathbb R \) gibt, die wenigstens eine der beiden folgenden Bedingungen erfüllen:

(i) \( f(x)+g(y)=x\cdot y \) für alle \( x,y\in\mathbb R \)
(ii) \( f(x)\cdot g(y)=x+y \) für alle \( x,y\in\mathbb R \)

 

Lösung

 

(i) Für \( x=0 \) erhalten wir

\[ f(0)+g(y)=0\quad\mbox{bzw.}\quad g(y)=-f(0)\quad\mbox{bzw.}\quad g=\mbox{const}\ \mbox{auf}\ \mathbb R. \]

  Für \( y=0 \) erhalten wir

\[ f(x)+g(0)=0\quad\mbox{bzw.}\quad f(x)=-g(0)\quad\mbox{bzw.}\quad f=\mbox{const}\ \mbox{auf}\ \mathbb R. \]

  Das bedeutet \( f+g=\mbox{const} \) auf \( \mathbb R \) bzw.

\[ x\cdot y=\mbox{const}\quad\mbox{auf}\ \mathbb R. \]

  Das ist aber ein Widerspruch. Zwei Funktionen \( f \) und \( g \) mit der genannten Eigenschaft kann es also nicht geben.
(ii) Zunächst gilt

\[ f(0)\cdot g(0)=0+0=0, \quad\mbox{d.h.}\quad f(0)=0\ \mbox{oder}\ g(0)=0. \]

  Im Fall \( f(0)=0 \) erhalten wir einen Widerspruch wegen

\[ 0=f(0)\cdot g(y)=0+y=y\quad\mbox{für alle}\ y\in\mathbb R, \]

  und im Fall \( g(0)=0 \) erhalten wir einen Widerspruch wegen

\[ 0=f(x)\cdot g(0)=x+0=x\quad\mbox{für alle}\ x\in\mathbb R. \]

  Zwei Funktionen \( f \) und \( g \) mit der genannten Eigenschaft kann es also nicht geben.

 

Damit ist alles bewiesen.\( \qquad\Box \)