8. Das Riemannsche Integral | 9. Metrik und Topologie | 10. Konvergenz in metrischen Räumen |
12. Kurven und Flächen | 13. Partielle und vollständige Differenzierbarkeit |
11. Kompaktheit
11.1.1 Überdeckungskompaktheit
Unter einer offenen Überdeckung einer Teilmenge \( U\subseteq X \) verstehen wir eine Familie \( \{U_i\}_{i\in I}, \) worin \( I \) eine beliebige Indexmenge bezeichnet, von offenen Mengen \( U_i\subseteq X \) mit der Eigenschaft \[ U\subseteq\bigcup_{i\in I}U_i\,. \] Hierin sind also endliche, abzählbar unendliche wie auch überabzählbare Indexmengen \( I \) zugelassen.
Definition: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge \( U\subseteq X \) heißt kompakt, wenn es zu jeder offenen Überdeckung \( \{U_i\}_{i\in I} \) von \( U \) eine endliche Teilüberdeckung \[ \{U_{i_1},\ldots,U_{i_k}\}\subseteq\{U_i\}_{i\in I} \] gibt, so dass gilt \[ U\subseteq U_{i_1}\cup\ldots\cup U_{i_k}\,. \] Genauer sprechen wir von Überdeckungskompaktheit.
Bemerkung: Den Zusammenhang zum damals „vorläufigen“ Kompaktheitsbegriff aus der Vorlesung Analysis 1, nach dem eine Menge kompakt ist, wenn sie abgeschlossen und beschränkt ist, diskutieren wir später unter dem Stichwort Satz von Heine-Borel.
Wir wollen nun drei Beispiele zum Kompaktheitsbegriff diskutieren.
Beispiel: Das Intervall \( (0,1)\subset\mathbb R \) ist in \( (\mathbb R,d) \) mit der gewöhnlichen Betragsmetrik \( d(x,y)=|x-y| \) nicht kompakt, denn beispielsweise bildet \[ U_i:=\left(\frac{1}{2^{i+2}}\,,\frac{1}{2^i}\right),\quad i=0,1,2,\ldots, \] eine offene Überdeckung von \( (0,1), \) denn \[ (0,1)\subseteq\left(\frac{1}{4}\,,1\right)\cup\left(\frac{1}{8}\,,\frac{1}{2}\right)\cup\left(\frac{1}{16}\,,\frac{1}{4}\right)\cup\ldots=\bigcup_{i=0}^\infty U_i\,. \] Hieraus können wir aber keine endliche Teilüberdeckung auswählen, die \( (0,1) \) vollständig überdeckt.
Beispiel: Die Teilmenge \( (0,1]\subset\mathbb R \) ist in \( (\mathbb R,d) \) mit \( d(x,y)=|x-y| \) nicht kompakt. Zum Nachweis betrachte die Familie \[ U_i:=\left(\frac{1}{i}\,,1+\frac{1}{i}\right),\quad i=1,2,\ldots, \] offener Mengen \( U_i\subset\mathbb R \) mit der Eigenschaft \[ (0,1]\subset(1,2)\cup\left(\frac{1}{2}\,,\frac{3}{2}\right)\cup\left(\frac{1}{3}\,,\frac{4}{3}\right)\cup\left(\frac{1}{4}\,,\frac{5}{4}\right)\ldots =\bigcup_{i=1}^\infty U_i\,. \] Auch hiervon genügt keine endliche Teilüberdeckung, um \( (0,1] \) zu überdecken.
Beispiel: Die Teilmenge \( [0,1]\subset\mathbb R \) ist in \( (\mathbb R,d) \) mit \( d(x,y)=|x-y| \) kompakt. Zum Nachweis, der uns ein Beispiel für eine interessante Anwendung des Cantorschen Durchschnittssatzes liefert, führen wir einen Widerspruchsbeweis - angenommen, \( [0,1] \) wäre nicht kompakt.
1. | Nach Annahme existiert eine offene Überdeckung \( \{U_i\}_{i\in I} \) von \( [0,1], \) die keine endliche Teilüberdeckung besitzt. |
2. | Setze |
\[ \Omega_1:=[0,1]. \]
Nach Annahme überdeckt \( \{U_i\}_{i\in I} \) die Menge \( \Omega_1, \) besitzt aber keine endliche Teilüberdeckung. | |
3. | Halbiere \( \Omega_1 \) in ein linkes abgeschlossenes und ein rechtes abgeschlossenes Teilintervall \( \Omega_{1,\ell} \) bzw. \( \Omega_{1,r}, \) so dass gilt |
\[ \Omega_1=\Omega_{1,\ell}\cup\Omega_{1,r}\,. \]
Es werden \( \Omega_{1,\ell} \) und \( \Omega_{1,r} \) von \( \{U_i\}_{i\in I} \) überdeckt, aber für wenigstens eines dieser Teilintervalle existiert keine endliche Teilüberdeckung, etwa für \( \Omega_{1,\ell}. \) Wir setzen |
\[ \Omega_2:=\Omega_{1,\ell}\,. \]
4. | Wir setzen dieses Halbierungs- und Auswahlverfahren sukzessive fort und erhalten so eine Folge nichtleerer, abgeschlossener, ineinander geschachtelter Teilintervalle \( \Omega_k\subset\mathbb R, \) \( k=1,2,\ldots, \) mit |
\[ \Omega_1\supset\Omega_2\supset\Omega_3\supset\ldots \quad\mbox{und}\quad \lim_{k\to\infty}\mbox{diam}\,\Omega_k=0. \]
Nach dem Cantorschen Durchschnittssatz existiert genau ein Punkt |
\[ a\in[0,1] \quad\mbox{mit}\quad a\in\bigcap_{k=1}^\infty\Omega_k\,. \]
5. | Wegen \( a\in[0,1] \) existiert ein \( m\in\mathbb N \) und ein \( U_m\in\{U_i\}_{i\in I} \) mit \( a\in U_m. \) Und es existiert ein \( \varepsilon\gt 0 \) mit \( B_\varepsilon(a)\subset U_m, \) da \( U_m \) offen ist. Wähle zu diesem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit |
\[ \mbox{diam}\,\Omega_k\lt\frac{\varepsilon}{2} \quad\mbox{für alle}\ k\ge N(\varepsilon). \]
Dann werden diese \( \Omega_k \) von der einen offenen Menge \( U_m \) überdeckt - Widerspruch. |
Damit ist die Kompaktheit von \( [0,1]\subset\mathbb R \) gezeigt.
Verallgemeinernd gilt der
Satz: Der abgeschlossene Quader \[ Q:=\{x=(x_1,\ldots,x_n)\in\mathbb R^n\,:\,a_k\le x_k\le b_k,\ k=1,\ldots,n\} \] mit reellen Zahlen \( -\infty\lt a_k\le b_k\lt\infty \) für alle \( k=1,\ldots,n \) ist kompakt.
Aufgaben - Überdeckungskompaktheit
Aufgabe 11.1.1: (Beispiele offener Überdeckungen)
Geben Sie jeweils ein Beispiel einer offenen Überdeckung der folgenden Mengen \( U\subset\mathbb R: \)
(i) | \( U=[0,1] \) | (ii) | \( U=(0,1) \) |
(iii) | \( U=(1,\infty) \) | (iii) | \( U=[0,\infty)\cap\mathbb Q \) |
(i) | \( U\subseteq(-1,1)(\cup(0,2) \) |
(ii) | \( U\subseteq(-1,1)(\cup(0,2) \) |
(iii) | \( U\subseteq(0,2)\cup(1,3)\cup(2,4)\cup(3,5)\cup\ldots \) |
(iii) | \( U\subseteq(-1,1)\cup(0,2)\cup(1,3)\cup(2,4)\cup\ldots \) |
Damit sind die gesuchten Überdeckungen angegeben.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.1.2: (Offene Überdeckungen und Teilüberdeckungen)
Es sei \[ U:=\{n\in\mathbb Z\,:\,n\ \mbox{ist ohne Rest durch}\ 4 \ \mbox{teilbar}\}\subset\mathbb R. \]
(i) | Begründen Sie, dass \( \{U_i\}_{i=1,2,\ldots} \) mit |
\[ U_i:=(-i,i),\quad i=1,2,\ldots, \]
eine offene Überdeckung von \( \Omega \) bildet. | |
(ii) | Besitzt \( \{U_i\}_{i\in\mathbb N} \) eine endliche Teilüberdeckung, die \( U \) überdeckt? |
(i) | Ist nämlich ein \( n\in U \) beliebig gewählt, so gilt auch \( n\in U_{n+1}\in\{U_i\}_{i=1,2,\ldots} \) Also bildet \( \{U_i\}_{i=1,2,\ldots} \) eine offene Überdeckung von \( U. \) |
(ii) | Angenommen, endlich viele Elemente der Überdeckung \( \{U_i\}_{i=1,2,\ldots} \) genügen zur Überdeckung von \( U. \) Wegen \( U_1\subset U_2\subset U_3\subset\ldots \) existiert dann ein \( n\in\mathbb N \) mit \( U\subseteq U_n. \) Dann ist aber wenigstens eine der ganzen Zahlen \( n+1, \) \( n+2, \) \( n+3 \) und \( n+4 \) ohne Rest durch \( 4 \) teilbar und damit Element von \( U, \) aber nicht Element von \( U_n. \) Dieser Widerspruch zeigt, dass es eine solche endliche Teilüberdeckung nicht gibt. |
Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.1.3: (Kompaktheit des Einheitswürfels in \( \mathbb R^n \))
Beweisen Sie, dass das die Menge \[ U:=[0,1]^n=[0,1]\times[0,1]\ldots\times[0,1]\subset\mathbb R^n \] kompakt ist in \( (\mathbb R^n,d) \) mit der Euklidischen Metrik \( d=\|x-y\|_2. \)
Wird irgendwann nachgetragen ...
1. | Was versteht man unter einer offenen Überdeckung? |
2. | Wann heißt eine Menge in einem metrischen Raum kompakt? |
3. | Welche Beispiele kompakter bzw. nicht kompakter Mengen haben wir studiert? |
11.2.1 Der Satz von Heine-Borel
Mit dem folgenden Satz von Heine-Borel führen wir die Begriffe „kompakt“ und „beschränkt und abgeschlossen“ zusammen.
Satz: Seien \( (X,d) \) ein metrischer Raum und \( U\subseteq X \) eine kompakte Teilmenge. Dann ist \( U \) beschränkt und abgeschlossen.
Wir gehen in zwei Schritten vor.
1. | Wir zeigen die Beschränktheit: Wähle ein \( a\in X \) beliebig. Dann ist zunächst |
\[ X=\bigcup_{k=1}^\infty B_k(a),\quad B_k(a)=\{x\in X\,:\,d(x,a)\lt k\}\,, \]
so dass \( \{B_k\}_{k=1,2,\ldots} \) eine offene Überdeckung von \( U\subseteq X \) bildet. Da \( U \) kompakt ist, existiert hiervon eine endliche Teilüberdeckung, etwa |
\[ U\subseteq\bigcup_{j=1}^\ell B_{k_j}(a). \]
Setze nun \( N:=\max\{k_1,\ldots,k_\ell\}. \) Dann folgt |
\[ U\subseteq B_N(a), \]
und damit ist \( U \) beschränkt. | |
2. | Wir zeigen die Abgeschlossenheit: Wähle ein \( x\in X\setminus U \) beliebig (ohne Einschränkung nehmen wir \( X\setminus U\not=\emptyset \) an - warum?), und betrachte die offenen Mengen |
\[ U_n:=\left\{y\in X\,:\,d(x,y)\gt\frac{1}{n}\right\} \]
als „Komplemente“ abgeschlossener Bälle um \( x\in X\setminus U \) mit Radien \( \frac{1}{n}. \) Es gelten |
\[ \begin{array}{l} \displaystyle X\setminus\{x\}=\bigcup_{k=1}^\infty U_k\,, \\ \displaystyle U\subseteq X\setminus\{x\}=\bigcup_{k=1}^\infty U_k\,,\quad\mbox{da}\ U\subseteq X\ \mbox{und}\ x\not\in U. \end{array} \]
Also bildet \( \{U_n\}_{n=1,2,\ldots} \) eine offene Überdeckung von \( U\subseteq X. \) Da \( U \) kompakt ist, existiert hiervon eine endliche Teilüberdeckung, etwa |
\[ U\subseteq\bigcup_{j=1}^\ell U_{k_\ell}\,. \]
Setze wieder \( N:=\max\{k_1,\ldots,k_\ell\}. \) Dann folgt |
\[ B_{\frac{1}{N+1}}(x)\subseteq X\setminus U, \]
d.h. \( x \) ist innerer Punkt von \( X\setminus U. \) Da aber \( x\in X\setminus U \) beliebig gewählt wurde, ist \( X\setminus U \) offen und \( U \) daher abgeschlossen. |
Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)
Im normierten Raum \( \mathbb R^n, \) der dann zum metrischen Raum \( (\mathbb R^n,d) \) mit einer von der Norm induzierten Metrik \( d(x,y) \) wird, gilt sogar folgender „klassische Satz von Heine-Borel“.
Satz: Eine Teilmenge \( U\subset\mathbb R^n \) des normierte Raumes \( \mathbb R^n \) ist genau dann kompakt, wenn \( U \) beschränkt und abgeschlossen ist.
Wegen dem vorigen Satz ist nur die Rückrichtung zu zeigen. Dazu gehen wir in mehreren Schritten vor.
1. | Da \( U\subset\mathbb R^n \) abgeschlossen und beschränkt ist, ist \( U \) in einem hinreichend großen, beschränkten und abgeschlossenen Quader \( Q\subset\mathbb R^n \) enthalten, der nach dem Satz aus Paragraph 11.1.2 kompakt ist: |
\[ U\subseteq Q\subset\mathbb R^n\,. \]
Zu zeigen ist die Kompaktheit von \( U. \) | |
2. | Allgemeiner sei \( K\subseteq X \) eine kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes \( (X,d), \) und es sei \( V\subseteq K \) eine abgeschlossene Teilmenge. Wir zeigen, dass dann auch \( V \) kompakt ist. |
3. | Betrachte dazu eine offene Überdeckung \( \{V_i\}_{i\in I} \) von \( V, \) d.h. |
\[ V\subseteq\bigcup_{i\in I}V_i\,. \]
Da \( V \) abgeschlossen ist, ist \( X\setminus V \) offen. Es gilt zunächst |
\[ K\subseteq X=(X\setminus V)\cup\bigcup_{i\in I}V_i\,. \]
Da \( K \) kompakt ist, finden wir innerhalb der rechts stehenden Überdeckung von \( K \) eine endliche Teilübderdeckung mit |
\[ K\subseteq(X\setminus V)\cup\{V_{k_1}\cup\ldots\cup V_{k_\ell}\}\,, \]
und wegen \( V\subseteq K \) schließen wir |
\[ V\subseteq V_{k_1}\cup\ldots\cup V_{k_\ell}\,. \]
Also ist \( V \) kompakt, und es folgt speziell die Kompaktheit von \( U, \) wie im ersten Beweispunkt gefordert. |
Damit ist alles bewiesen.\( \qquad\Box\)
11.2.2 Konvergente Folgen und Kompaktheit
Wir betrachten jetzt wieder konvergente Folgen in metrischen Räumen.
Satz: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum, und es sei \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eine konvergente Folge mit \[ \lim_{k\to\infty}x^{(k)}=x\in X. \] Dann ist die Menge \[ A:=\{x^{(1)},x^{(2)},\ldots\}\cup\{x\} \] kompakt in \( (X,d). \)
Einen Beweis dieses Satzes wollen wir als Übung belassen.
11.2.3 Der Weierstraßsche Häufungsstellensatz
Aus der Vorlesung zur Analysis 1, Paragraph 3.4.4, kennen wir die (auch im \( \mathbb R^n \) gültige) Aussage, dass jede beschränkte Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R^n \) eine konvergente Teilfolge besitzt.
Eine solche Aussage ist in allgemeinen metrischen Räumen nicht richtig - hier fehlt nämlich i.A. die Eigenschaft der Vollständigkeit. Es gilt aber der folgende Weierstraßsche Häufungsstellensatz.
Satz: Es seien \( (X,d) \) ein metrischer Raum und \( K\subseteq X \) eine kompakte Teilmenge. Ferner sei \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset K \) eine Punktfolge. Dann existiert eine konvergente Teilfolge \[ \{x^{(k_\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots}\subset\{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \] mit der Eigenschaft \[ \lim_{\ell\to\infty}x^{(k_\ell)}=x\in K. \]
Auch hier wollen wir einen Beweis als Übung belassen, und zwar unter dem Stichwort „Kompaktheit impliziert Folgenkompaktheit“. Dabei verstehen wir unter Folgenkompaktheit, dass jede Folge eine konvergente Teilfolge besitzt, also die Behauptung des obigen Satzes. Man kann zeigen, dass in metrischen Räumen beide Kompaktheitsbegriffe sogar äquivalent sind.
Für detaillierte Untersuchungen hierzu verweisen wir auf unsere Vorlesungsliteratur wie auf eine spätere Vorlesung über Topologie.
11.2.4 Stetige Abbildungen auf kompakten Mengen
Schließlich wollen wir in den nächsten Paragraphen stetige Funktionen auf kompakten Mengen in metrischen Räumen betrachten. Zunächst der
Satz: Es seien \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) zwei metrische Räume, und es sei \( f\colon X\to Y \) stetig. Ist nun \( K\subseteq X \) eine kompakte Teilmenge, so auch die Bildmenge \[ f(K):=\{f(x)\in Y\,:\,x\in K\}\,. \]
Es sei \( \{V_i\}_{i\in I} \) eine offene Überdeckung von \( f(K). \) Dann sind auch alle Mengen \( U_i:=f^{-1}(V_i) \) offen nach dem ➝ topologischen Stetigkeitskriterium aus Paragraph 10.3.2. Es gilt dabei \[ K\subseteq\bigcup_{i\in I}U_i\,. \] Da \( K \) kompakt ist, existiert von der rechts stehenden Überdeckung eine endliche Teilüberdeckung, etwa \[ K\subseteq\bigcup_{\ell=1}^NU_{i_\ell}\,,\quad N\in\mathbb N. \] Hieraus schließen wir aber \[ f(K)\subseteq\bigcup_{\ell=1}^NV_{i_\ell}\,, \] d.h. \( f(K) \) ist kompakt.\( \qquad\Box \)
11.2.5 Der Fundamentalsatz von Weierstraß
Auch den Fundamentalsatz von Weierstraß aus ➝ Paragraph 6.3.1 unserer Vorlesung Analysis 1 können wir auf unsere allgemeine Situation übertragen.
Satz: Es seien \( (X,d) \) ein kompakter metrischer Raum und \( f\colon X\to\mathbb R \) eine stetige Funktion. Dann ist die Menge \( f(X)\subset\mathbb R \) beschränkt, und \( f(x) \) nimmt ihr Minimum und ihr Maximum an, d.h. es existieren \( x_{min}\in X \) und \( x_{max}\in X \) mit \[ f(x_{min})\le f(x)\le f(x_{max})\quad\mbox{für alle}\ x\in X. \]
Nach dem Satz aus ➝ Paragraph 11.2.4 ist \( f(X)\subset\mathbb R \) kompakt und daher nach dem ➝ Satz von Heine-Borel auch beschränkt und abgeschlossen. Es existieren also wegen der Beschränktheit in \( \mathbb R \) \[ \mu:=\inf\,\{f(x)\,:\,x\in X\}\,,\quad \nu:=\sup\,\{f(x)\,:\,x\in X\}\,, \] wobei \( \mu,\nu\in f(X) \) richtig ist wegen der Abgeschlossenheit. Daher existieren auch \( x_{min},x_{max}\in X \) mit den genannten Eigenschaften.\( \qquad\Box \)
11.2.6 Stetigkeit und gleichmäßige Stetigkeit
Definition: Eine Abbildung \( f\colon X\to Y \) zwischen zwei metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) heißt gleichmäßig stetig auf \( X, \) falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( \delta(\varepsilon)\gt 0 \) existiert mit \[ \varrho(f(x),f(y))\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ x,y\in X\ \mbox{mit}\ d(x,y)\lt\delta(\varepsilon). \]
Wie in \( \mathbb R \) gilt auch hier der
Satz: Es seien \( (X,d) \) ein kompakter metrischer Raum und \( (Y,\varrho) \) ein metrischer Raum. Dann ist jede stetige Abbildung \( f\colon X\to Y \) auch gleichmäßig stetig auf \( X. \)
Einen Beweis dieser Aussages belassen wir als Übung.
Aufgaben - Der Satz von Heine-Borel
Aufgabe 11.2.1: (Beispiele zum Satz von Heine-Borel)
Skizzieren Sie die folgenden Mengen, und entscheiden Sie mit Hilfe des „klassischen Satzes von Heine Borel“, ob diese Mengen kompakt oder nicht kompakt sind im normierten Raum \( \mathbb R^2. \) Begründen Sie.
(i) | \( \Omega_1:=\{(x,y)\in\mathbb R^2\,:\,x^2+y^2=1\} \) |
(ii) | \( \Omega_2:=\{(x,y)\in\mathbb R^2\,:\,x^2+y^2\lt 1\} \) |
(i) | Es handelt sich um die Kreislinie vom Radius \( R=1. \) Die Menge ist beschränkt, da z.B. gilt |
\[ (x,y)\in B_2(0)=\{z\in\mathbb R^2\,:\,|z|\lt 2\}\quad\mbox{für alle}\ (x,y)\in\Omega_1\,. \]
Die Menge ist auch abgeschlossen. Ist nämlich \( \{(x^{(k)},y^{(k)})\}_{k=1,2,\ldots}\subset\Omega_1 \) eine gegen \( (x,y)\in\mathbb R^2 \) konvergente Folge, so ist wegen der Stetigkeit der Funktion \( x\mapsto x^2 \) in \( \mathbb R^2 \) |
\[ 1=(x^{(k)})^2+(y^{(k)})^2\longrightarrow x^2+y^2\quad\mbox{für}\ k\to\infty \]
und damit \( (x,y)\in\Omega_1. \) Nach dem klassischen Satz von Heine-Borel ist daher \( \Omega_1 \) kompakt. | |
(ii) | Es handelt sich um die offene Einheitskreisscheibe im \( \mathbb R^2. \) Die Menge ist beschränkt, da z.B. gilt |
\[ (x,y)\in B_2(0)=\{z\in\mathbb R^2\,:\,|z|\lt 2\}\quad\mbox{für alle}\ (x,y)\in\Omega_2\,. \]
Die Menge ist aber nicht abgeschlossen. Die Folge |
\[ \{(x^{(k)},y^{(k)})\}_{k=1,2,\ldots}\subset\Omega_2 \quad\mbox{mit}\ x^{(k)}=1-\frac{1}{k}\,,\ y^{(k)}=0,\ k=1,2,\ldots, \]
beispielsweise konvergiert in \( \mathbb R^2 \) gegen \( (1,0), \) aber es ist \( (1,0)\not\in\Omega_2. \) Nach dem klassischen Satz von Heine-Borel ist daher \( \Omega_2 \) nicht kompakt. |
Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.2.2: (Kompakt oder nicht kompakt?)
Wir betrachten den metrischen Raum \( (\mathbb R^2,d) \) mit der Euklidischen Metrik \( d(x,y)=\|x-y\|_2. \) Entscheiden Sie mit Hilfe des Satzes von Heine-Borel, ob die folgende Menge \[ U:=\left\{(x,y)\in\mathbb R^2\,:\,x\ge 1,\ 0\le y\le\frac{1}{x}\right\}\subset\mathbb R^2 \] kompakt in \( (\mathbb R^2,d) \) ist. Begründen Sie.
Die Menge \( U \) ist in \( (\mathbb R^2,d) \) nicht beschränkt. Betrachte dazu beispielsweise die Folge \[ \{(x^{(k)},y^{(k)})\}_{k=1,2,\ldots}\subset U\quad\mbox{mit}\ x^{(k)}=k,\ y^{(k)}=0,\ k=1,2,\ldots, \] für welche gilt \[ \begin{array}{lll} d((x^{(k)},y^{(k)}),(1,0))\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle \|(x^{(k)},y^{(k)})-(1,0)\|_2=\sqrt{(x^{(k)}-1)^2+0^2} \\ & = & \negthickspace\displaystyle x^{(k)}-1=k-1\longrightarrow\infty\quad\mbox{für}\ k\to\infty\,. \end{array} \] Nach dem Satz von Heine-Borel ist \( U \) daher auch nicht kompakt.\( \qquad\Box \)
Aufgaben - Konvergente Folgen und Kompaktheit
Aufgabe 11.2.3: (Konvergente Folgen und Kompaktheit)
Entscheiden Sie, welche der folgenden Mengen \( U\subset\mathbb R \) kompakt ist oder nicht im metrischen Raum \( (\mathbb R,d) \) mit der gewöhnlichen Abstandsmetrik \( d(x,y)=|x-y|. \) Begründen Sie, und benutzen Sie eventuell den Satz aus Paragraph 11.2.2.
(i) | \( \displaystyle U:=\left\{1-\frac{1}{k}\,:\,k\in\mathbb N\right\}\cup\{1\} \) | (ii) | \( \displaystyle U:=\left\{1-\frac{1}{k}\,:\,k\in\mathbb N\right\} \) |
(i) | Die Menge \( U \) besteht aus den Elementen der in \( (\mathbb R,d) \) konvergenten Folge |
\[ \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R \quad\mbox{mit}\quad x^{(k)}=1-\frac{1}{k}\,,\ k=1,2,\ldots, \]
und deren Grenzwert \( x=1. \) Nach dem Satz aus Paragraph 11.2.2 ist diese Menge kompakt. | |
(ii) | Die Menge \( U \) besteht aus den Elementen der in \( (\mathbb R,d) \) konvergenten Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R, \) jetzt allerdings ohne den Grenzwert \( x=1. \) Sie ist daher nicht abgeschlossen und somit nach dem Satz von Heine-Borel auch nicht kompakt. |
Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.2.4: (Endliche Vereinigung kompakter Mengen)
Es seien \( (X,d) \) ein metrischer Raum, und zu einem \( n\in\mathbb N \) seien \( \Omega_1,\ldots,\Omega_n\subseteq X \) kompakte Teilmengen. Beweisen Sie, dass dann auch die Vereinigung \[ \Omega:=\Omega_1\cup\ldots\cup \Omega_n\subseteq X \] kompakt in \( (X,d) \) ist.
Wir betrachten den Fall \( n=2: \) Es sei \( \{U_i\}_{i\in I} \) eine offene Überdeckung von \( \Omega, \) d.h. \[ \Omega_1,\Omega_2\subseteq\Omega\subseteq\bigcup_{i\in I}U_i\,. \] Da \( \Omega_1 \) kompakt ist, existiert eine endliche Teilüberdeckung zur Überdeckung von \( \Omega_1, \) etwa \[ \Omega_1\subseteq U_1^{(1)}\cup\ldots\cup U_{N^{(1)}}^{(1)}\,. \] Entsprechend existiert eine endliche Teilüberdeckung der kompakten Menge \( \Omega_2, \) etwa \[ \Omega_2\subseteq U_1^{(2)}\cup\ldots\cup U_{N^{(2)}}^{(2)}\,. \] Aus diesen zwei endlichen Überdeckungen bilden wir nun die neue endliche Überdeckung \[ \{U_1^{(1)},\ldots,U_{N^{(1)}}^{(1)},U_1^{(2)},\ldots,U_{N^{(2)}}^{(2)}\} \] mit der Eigenschaft \[ \Omega_1\cup\Omega_2\subseteq U_1^{(1)}\cup\ldots\cup U_{N^{(1)}}^{(1)}\cup U_1^{(2)}\cup\ldots\cup U_{N^{(2)}}^{(2)}\,. \] Das zeigt die Behauptung für zwei kompakte Mengen \( \Omega_1 \) und \( \Omega_2. \) Ein Induktionsargument beweist die Behauptung für \( n\in\mathbb N \) kompakte Mengen.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.2.5: (Unendliche Vereinigung kompakter Mengen)
Gilt die Aussage aus der vorigen Aufgabe 10.2.4 auch für die Vereinigung abzählbar unendlich vieler Mengen \( \Omega_i? \) Beweisen Sie, oder geben Sie gegebenenfalls ein Gegenbeispiel.
Im Fall abzählbar unendlich vieler kompakter Teilmengen \( \Omega_i \) ist die Aussage im Allgemeinen falsch: Wähle beispielsweise den metrischen Raum \( (\mathbb R,d) \) mit \( d(x,y)=|x-y| \) und die darin kompakten Mengen \[ \Omega_i=[i-1,i]\subset\mathbb R,\quad i=1,2,\ldots \] Dann gilt \[ \Omega_1\cup\Omega_2\cup\Omega_3\cup\ldots =[0,1]\cup[1,2]\cup\ldots\cup[2,3]\cup\ldots\,, \] aber die rechts stehende Menge ist in \( (\mathbb R,d) \) nicht beschränkt und damit nach dem klassischen Satz von Heine und Borel nicht kompakt.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.2.6: (Eine nicht konvergente Folge und Kompaktheit)
Beweisen Sie, dass die Menge \[ U:=\{x_k\,:\,k\in\mathbb N\}\cup\{-1\}\cup\{1\} \quad\mbox{mit}\quad x_k :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle -1+\frac{1}{k}\,, & k\in\mathbb N\ \mbox{gerade} \\ \displaystyle 1-\frac{1}{k}\,, & k\in\mathbb N\ \mbox{ungerade} \end{array} \right. \] kompakt in \( (\mathbb R,d) \) mit \( d(x,y)=|x-y| \) ist.
Die Menge \( U \) wird gebildet von den beiden Mengen \[ \begin{array}{l} \displaystyle U_1:=\left\{-1+\frac{1}{k}\,:\,k\in\mathbb N\ \mbox{gerade}\right\}\cup\{-1\}, \\ \displaystyle U_2:=\left\{1-\frac{1}{k}\,:\,k\in\mathbb N\ \mbox{ungerade}\right\}\cup\{1\}\,, \end{array} \] die beide nach dem Satz aus Paragraph 11.2.2 kompakt sind. Nach Aufgabe 10.2.5 ist dann auch die Menge \( U \) kompakt.\( \qquad\Box \)
Aufgaben - Der Weierstraßsche Häufungsstellensatz
Aufgabe 11.2.7: (Ein nicht vollständiger Raum)
Wir betrachten den metrischen Raum \( (\mathbb R,d) \) mit der Abbildung \[ d(x,y):=\frac{|x-y|}{1+|x-y|}\,,\quad x,y\in\mathbb R. \]
(i) | Zeigen Sie, dass es sich tatsächlich um einen metrischen Raum handelt. |
(ii) | Wird die Abbildung \( d(x,y) \) von einer Norm induziert? |
(iii) | Beweisen Sie, dass \( \mathbb R \) in \( (\mathbb R,d) \) beschränkt ist. |
(iv) | Beweisen Sie, dass \( \mathbb R \) in \( (\mathbb R,d) \) abgeschlossen ist. |
(vi) | Beweisen Sie, dass \( \mathbb R \) in \( (\mathbb R,d) \) nicht kompakt ist. |
(i) | Es ist \( \sigma(x,y):=|x-y| \) eine Metrik auf \( \mathbb R, \) und nach Aufgabe 9.1.1 ist dann auch \( (\mathbb R,d) \) ein metrischer Raum. |
(ii) | Die Abbildung \( d(x,y) \) wird nicht von einer Norm induziert. Wäre nämlich |
\[ d(x,y)=\|x-y\| \]
mit einer Normabbildung \( \|\cdot\|\colon\mathbb R\to[0,\infty), \) so wäre auch auf Grund der Homogenität der Norm |
\[ d(\lambda x,\lambda y)=\|\lambda(x-y)\|=|\lambda|\|x-y\|=|\lambda|d(x,y). \]
Das ist hier aber nicht erfüllt. | |
(iii) | Wegen |
\[ d(x,0)=\frac{|x|}{1+|x|}\le|x| \]
gilt auch |
\[ x\in B_2(0)=\{y\in\mathbb R\,:\,d(y,0)\lt 2\}\quad\mbox{für alle}\ x\in\mathbb R. \]
Also ist \( \mathbb R \) beschränkt in \( (\mathbb R,d). \) | |
(iv) | Es sei \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) eine beliebige, in \( (\mathbb R,d) \) konvergente Folge. Diese Folge ist dann Cauchyfolge in \( (\mathbb R,d) \) und auch in \( (\mathbb R,|\cdot|). \) Im metrischen Raum \( (\mathbb R,|\cdot|) \) konvergiert diese Cauchyfolge jedoch gegen ein \( x\in\mathbb R \) wegen der Vollständigkeit. Wir schätzen nun bez. der Metrik \( d(x,y) \) wie folgt ab |
\[ d(x^{(k)},x) =\frac{|x^{(k)}-x|}{1+|x^{(k)}-x|} \le|x^{(k)}-x| \longrightarrow 0 \quad\mbox{für}\ k\to\infty\,. \]
Also ist \( \mathbb R \) in \( (\mathbb R,d) \) abgeschlossen. | |
(v) | Es ist aber \( \mathbb R \) in \( (\mathbb R,d) \) nicht kompakt. Beispielsweise besitzt die Folge |
\[ \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R \quad\mbox{mit}\quad x^{(k)}:=k,\ k=1,2,\ldots, \]
keine in \( (\mathbb R,d) \) konvergente Teilfolge. Würde eine solche Teilfolge \( \{x^{(k_\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots} \) nämlich gegen ein \( x\in\mathbb R \) konvergieren, so finden wir zu \( 0\lt\varepsilon\lt\frac{1}{2} \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit |
\[ d(x^{(k_\ell)},x) =\frac{|x^{(k_\ell)}-x|}{1+|x^{(k_\ell)}-x|} \lt\varepsilon \quad\mbox{für alle}\ \ell\ge N(\varepsilon), \]
und nach Umstellen folgt |
\[ |x^{(k_\ell)}-x|\lt 2\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ \ell\ge N(\varepsilon), \]
d.h. die Teilfolge konvergiert auch in \( (\mathbb R,|\cdot|). \) Das ist aber ein Widerspruch. |
Damit ist alles bewiesen.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.2.8: (Ein nicht vollständiger Raum II)
Wir betrachten den metrischen Raum \( (\mathbb R,d) \) mit der diskreten Metrik \( d(x,y) \) auf \( \mathbb R, \) d.h. \[ d(x,y) =\left\{ \begin{array}{cl} 0, & x=y \\ 1, & x\not=y \end{array} \right. \] Beweisen Sie, dass \( \mathbb R \) in \( (\mathbb R,d) \) beschränkt und abgeschlossen, aber nicht kompakt ist.
Wir gehen in mehreren Schritten vor.
1. | Wir zeigen zunächst die Beschränktheit. Wähle dazu ein \( x\in\mathbb R \) beliebig, dann gilt |
\[ x\in B_2(0)=\{y\in X\,:\,d(y,0)\lt 2\}\,, \]
d.h. \( \mathbb R \) ist in \( (\mathbb R,d) \) beschränkt. | |
2. | Wir zeigen nun die Abgeschlossenheit. Sei dazu eine beliebige Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) eine beliebige, konvergente Folge. Dann ist diese Folge zugleich eine Cauchyfolge, d.h. zu \( \varepsilon\gt 0 \) existiert ein \( N=N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit |
\[ d(x^{(k)},x^{(\ell)})\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ k,\ell\ge N(\varepsilon). \]
Wähle nun \( \varepsilon\lt\frac{1}{2}. \) Dann folgt |
\[ x^{(N)}=x^{(N+1)}=x^{(N+2)}=\ldots, \]
d.h. die Cauchyfolge ist ab einem hinreichend hohen Index konstant und damit konvergent gegen \( x=x^{(N)}. \) Daraus folgt die Abgeschlossenheit. | |
Es ist aber \( \mathbb R \) nicht kompakt in \( (\mathbb R,d). \) Andernfalls besitzt nämlich jede Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) eine konvergente Teilfolge in dieser Metrik. Wähle aber eine solche Folge mit der Eigenschaft, dass ihre Elemente untereinander sätlich verschieden sind und damit |
\[ d(x^{(k)},x^{(\ell)})=1\quad\mbox{für alle}\ k\not=\ell. \]
Diese Folge besitzt aber insbesondere keine Cauchyfolge als Teilfolge. Also gibt es auch keine konvergente Teilfolge, denn diese wäre eine Cauchyfolge. |
Damit ist alles bewiesen.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.2.9: (Kompakte metrische Räume sind vollständig)
Beweisen Sie, dass jeder kompakte metrische Raum \( (X,d) \) vollständig ist. Gilt auch die Umkehrung dieser Aussage?
Es seien \( (X,d) \) kompakt und \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eine beliebig gewählte Cauchyfolge. Nach dem Häufungsstellensatz von Weierstraß existiert dann eine gegen ein \( x\in X \) konvergente Teilfolge \( \{x^{(k_\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots}. \) Nach Aufgabe 10.2.2 ist dann aber auch die Cauchyfolge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) konvergent gegen \( x\in X. \) Daraus folgt die Vollständigkeit. Die Umkehrung dieser Aussage ist falsch, wie bereits der aus der Analysis 1 bekannte metrische Raum \( (\mathbb R,|\cdot|) \) zeigt, der vollständig, aber nicht kompakt ist.\( \qquad\Box \)
Aufgaben - Stetige Abbildungen auf kompakten Mengen
Aufgabe 11.2.10: (Stetigkeit der Metrik)
Aufgabe muss neu formuliert werden: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer, aber nicht notwendig kompakter Raum. Beweisen Sie, dass die Abbildung \( d\colon X\times X\to\mathbb R \) stetig bez. der Produktmetrik \[ d^*((x,y),(x',y')):=\sup\{d(x,x'),d(y,y')\} \] Zuvor die Metrikeigenschaften von \( d^* \) zeigen. ist.
muss noch einmal aufgeschrieben werden
Aufgaben - Der Fundamentalsatz von Weierstraß
Aufgabe 11.2.11: (Noch einmal zur Abstandsfunktion)
Die Menge \( A\subset\mathbb R^n \) aus der Aufgabe 10.3.3 sei kompakt. Beweisen Sie, dass dann ein \( a^*\in A \) existiert mit \[ d_A(x)=d(x,a^*). \] Dieses \( a^*\in A \) muss nicht eindeutig sein, wie Beispiele belegen. Welches Beispiel kennen Sie?
Die Funktion \( d(x,a) \) ist bei festem \( x\in\mathbb R^n \) eine stetige Funktion von \( a\in A. \) Da \( A \) kompakt ist, nimmt \( d(x,a) \) auf \( A \) sein Minimum an in einem Punkt \( a^*\in A. \) Dieses \( a^* \) ist nicht eindeutig, betrachte beispielsweise \( A \) als Einheitskreis und \( x \) dessen Mittelpunkt.
Aufgabe 11.2.12: (Eine Fixpunktaufgabe)
Es sei \( (X,d) \) ein kompakter metrischer Raum, und es sei \( f\colon X\to X \) eine Selbstabbildung mit der Kontraktionseigenschaft \[ d(f(x),f(y))\lt d(x,y)\quad\mbox{für alle}\ x,y\in X\ \mbox{mit}\ x\not=y. \] Beweisen Sie, dass \( f \) einen eindeutigen Fixpunkt \( x^*\in X \) besitzt, so dass also gilt \[ f(x^*)=x^*\,. \]
Betrachte die Funktion \[ F(x):=d(x,f(x)),\quad x\in X. \] Da \( f(x) \) und \( d(x,y) \) stetig sind, siehe auch Aufgabe 11.2.10, ist auch \( F(x) \) stetig in \( X. \) Die Stetigkeit von \( f(x) \) folgt dabei aus der Kontraktionseigenschaft. Da nun \( X \) kompakt in \( (X,d) \) ist, nimmt \( f(x) \) nach dem Fundamentalsatz von Weierstraß sein Minimum in einem Punkt \( x^*\in X \) an, d.h. \[ F(x^*)=\inf\,\{F(x)\,:\,x\in X\}\,. \] Nun gibt es zwei Möglichkeiten:
\( \circ \) | Es ist \( F(x^*)\not=0, \) d.h. \( x^*\not=f(x^*). \) Beachte dann |
\[ F(f(x^*))=d(f(x^*),f(f(x^*)))\lt d(x^*,f(x^*))=\inf\,\{F(x)\,:\,x\in X\}\,. \]
Das ist aber ein Widerspruch! | |
\( \circ \) | Es ist \( F(x^*)=0, \) d.h. \( x^*=f(x^*). \) Dann ist \( x^*\in X \) aber ein Fixpunkt von \( f(x). \) |
Das beweist die Existenz eines Fixpunktes. Nun noch die Eindeutigkeit: Seien \( p\not=q \) zwei verschiedene Fixpunkte von \( f(x), \) d.h. \[ f(p)=p,\quad f(q)=q. \] Es folgt \[ d(p,q)=d(f(p),f(q))\lt d(p,q) \] nach Voraussetzung. Das ist ein Widerspruch, und es muss gelten \( p=q. \) Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 11.2.13: (Äquivalenz von Normen)
Es sei \( n\in\mathbb N. \) Beweisen Sie: Sämtliche Normen eines \( n \)-dimensionalen linearen und normierten Raumes \( X \) über \( \mathbb R \) sind untereinander äquivalent.
Wir gehen in mehreren Schritten vor.
1. | Es sei \( \{x^{(1)},\ldots,x^{(n)}\} \) eine Basis des \( n \)-dimensionalen Raumes \( X. \) Dann lässt sich jedes Element \( x\in X \) eindeutig darstellen in der Form |
\[ x=\sum_{i=1}^n\lambda_ix^{(i)} \]
mit geeigneten Koeffizienten \( \lambda_i\in\mathbb R. \) Wir setzen |
\[ \|x\|_0:=\sum_{i=1}^n|\lambda_i|. \]
Man überzeugt sich davon, dass \( \|x\|_0 \) eine Norm auf \( X \) ist. Wir zeigen in den folgenden beiden Beweispunkten, dass jede weitere Norm auf \( X \) zu \( \|\cdot\|_0 \) äquivalent ist. | |
2. | Sei also \( \|\cdot\| \) eine weitere Norm auf \( X. \) Zunächst haben wir |
\[ \|x\| =\left\|\sum_{i=1}^n\lambda_ix^{(i)}\right\| \le\max_{1\le i\le n}\|x^{(i)}\|\sum_{i=1}^n|\lambda_i| =c_0\|x\|_0 \]
mit der Setzung |
\[ c_0:=\max_{1\le i\le n}\|x^{(i)}\|. \]
Das ist die erste Abschätzung; die Konstante \( c_0\gt 0 \) hängt insbesondere von der gewählten Basis des Raumes \( X \) ab. | |
3. | Für die andere Abschätzung betrachten wir den beschränkten und abgeschlossenen, nach dem klassischen Satz von Heine-Borel damit kompakten Einheitsball zur \( \|\cdot\|_0 \)-Norm |
\[ \Lambda:=\left\{(\lambda_1,\ldots,\lambda_n)\in\mathbb R^n\,:\,\sum_{i=1}^n|\lambda_i|=1\right\} \]
und hierauf die Funktion |
\[ f(\lambda_1,\ldots,\lambda_n):=\left\|\sum_{i=1}^n\lambda_ix^{(i)}\right\|,\quad(\lambda_1,\ldots,\lambda_n)\in\Lambda. \]
Zunächst ist \( f\gt 0 \) auf \( \Lambda. \) Um zu zeigen, dass \( f \) auch stetig ist auf \( \Lambda, \) ermitteln wir unter Verwendung der inversen Dreiecksungleichung |
\[ |f(\lambda_1,\ldots,\lambda_n)-f(\mu_1,\ldots,\mu_n)| \le\left\|\sum_{i=1}^n(\lambda_i-\mu_i)x^{(i)}\right\| \le c_0\sum_{i=1}^n|\lambda_i-\mu_i|, \]
woraus man die gesuchte Stetigkeit entnimmt. Nach dem Fundamentalsatz von Weierstraß nimmt daher \( f \) auf dem Einheitsball \( \Lambda \) ihr positives Minimum und Maximum an, und es folgt insbesondere |
\[ \left\|\sum_{i=1}^n\lambda_ix^{(i)}\right\| \ge\frac{1}{C}=\frac{1}{C}\,\|x\|_0 \quad\mbox{für alle}\ x\in X\ \mbox{mit}\ \|x\|_0=\sum_{i=1}^n|\lambda_i|=1 \]
und mit einem geeigneten \( C\gt 0. \) Aus der Homogenität der Norm folgt |
\[ \|x\|_0\le C\|x\|\quad\mbox{für alle}\ x\in X, \]
und das ist die zweite Abschätzung. |
Damit ist alles bewiesen.\( \qquad\Box \)
Aufgaben - Stetigkeit und gleichmäßige Stetigkeit
Aufgabe 11.2.14: (Stetigkeit und gleichmäßige Stetigkeit)
Beweisen Sie den Satz aus Paragraph 11.2.6.
Wir gehen vor im Beweis des Satzes über die gleichmäßige Stetigkeit aus Paragraph 6.3.1 der Vorlesung Analysis 1. Aus Gründen der Einfachheit versehen wir im Folgenden die Zahlenfolgen mit Indizes \( n,k=1,2,\ldots \)
1. | Angenommen, \( f \) ist stetig, aber nicht gleichmäßig stetig auf \( X. \) Dann finden wir ein \( \delta\gt 0, \) so dass zu jedem \( n\ge 1 \) Punkte \( x_n,\widetilde x_n\in X \) existieren mit |
\[ d(x_n,\widetilde x_n)\le\frac{1}{n}\,,\quad\mbox{aber}\quad\varrho(f(x_n),f(\widetilde x_n))\ge\delta. \tag{\(*\)}\]
Hieraus gewinnen wir eine Folge \( \{x^{(n)}\}_{n=1,2,\ldots}\subset X. \) Da \( X \) kompakt ist, existiert nach dem Satz Weierstraßschen Häufungsstellensatz eine in \( X \) konvergente Teilfolge |
\[ \{x^{(n_k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\{x^{(n)}\}_{n=1,2,\ldots} \]
mit der Eigenschaft |
\[ \lim_{k\to\infty}x^{n_k}=x^*\in X. \]
2. | Wegen der ersten Ungleichung in \( (*) \) haben wir |
\[ d(x^{n_k},\widetilde x^{n_k})\le\frac{1}{n_k}\,, \]
weshalb mit der Dreiecksungleichung gilt |
\[ d(\widetilde x^{n_k},x^*) \le d(\widetilde x^{n_k},x^{n_k})+d(x^{n_k},x^*) \lt\frac{1}{n_k}+\varepsilon \]
zu \( k\in\mathbb N \) hinreichend groß zu gegebenem \( \varepsilon\gt 0. \) Es folgt |
\[ \lim_{k\to\infty}\widetilde x^{n_k}=x^*\,. \]
3. | Da \( f \) stetig und damit insbesondere folgenstetig ist, ist aber auch |
\[ \lim_{k\to\infty}\big\{f(x^{n_k})-f(\widetilde x^{n_k})\big\} =\lim_{k\to\infty}f(x^{n_k})-\lim_{k\to\infty}f(\widetilde x^{n_k}) =f(x^*)-f(x^*) =0 \]
im Widerspruch zur zweiten Ungleichung in \( (*). \) Also ist \( f \) auf \( X \) gleichmäßig stetig. |
Damit ist der Satz bewiesen.\( \qquad\Box \)
1. | Wie lautet der Satz von Heine-Borel in einem metrischen Raum? |
2. | Was verstehen wir unter dem klassischen Satz von Heine-Borel? |
3. | Was können Sie über die Kompaktheit der Menge \( A=\{x^{(1)},x^{(2)},\ldots\}\cup\{x\} \) der Punkte \( x^{(k)} \) einer konvergenten Folge mit Grenzwert \( x \) aussagen? |
4. | Wie lautet der Weierstraßsche Häufungsstellensatz in einem metrischen Raum? |
5. | Es sei \( f\colon X\to Y \) eine stetige Abbildung zwischen zwei metrischen Räumen, und es sei \( K\subseteq X \) kompakt. Was können Sie über die Kompaktheit der Bildmenge \( f(K) \) aussagen? |
6. | Wie lautet der Fundamentalsatz von Weierstraß? |
7. | Wann heißt eine Abbildung \( f\colon X\to Y \) zwischen zwei metrischen Räumen gleichmäßig stetig? |
8. | Sind stetige Abbildungen auf kompakten Mengen gleichmäßig stetig? |