8. Das Riemannsche Integral | 9. Metrik und Topologie | 11. Kompaktheit |
12. Kurven und Flächen | 13. Partielle und vollständige Differenzierbarkeit |
10. Konvergenz in metrischen Räumen
10.1.1 Definition von Konvergenz
Im Folgenden bezeichne \[ \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \] eine Zahlen- oder Punktfolge.
Definition: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum. Eine Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) heißt konvergent gegen \( x\in X, \) falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) existiert mit \[ d(x^{(k)},x)\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ k\ge N(\varepsilon). \]
Bemerkung: Die Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) konvergiert also genau dann gegen ein \( x\in X, \) falls zu jeder offenen Umgebung \( U\subset X \) von \( x \) ein \( N\in\mathbb N \) existiert mit \[ x^{(k)}\in U\quad\mbox{für alle}\ k\ge N. \]
Satz: Der Grenzwert \( x\in X \) einer konvergenten Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eines metrischen Raumes \( (X,d) \) ist eindeutig.
Seien nämlich \( x,y\in X \) zwei Grenzwerte der Folge. Die Dreiecksungleichung liefert \[ 0\le d(x,y) \le d(x,x^{(k)})+d(x^{(k)},y) \longrightarrow 0 \quad\mbox{für}\ k\to\infty\,. \] Also gilt notwendig \( x=y.\qquad\Box \)
Im Fall der Konvergenz schreiben wir \[ x:=\lim_{k\to\infty}x^{(k)} \quad\mbox{oder}\quad x^{(k)}\longrightarrow x\ \mbox{für}\ k\to\infty\,. \]
Beispiel: Betrachte den \( \mathbb R^n \) mit der Euklidischen Metrik \[ d(x,y)=\left(\,\sum_{k=1}^n(x_k-y_k)^2\right)^\frac{1}{2}\,,\quad x,y\in\mathbb R^n\,. \] Eine Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R^n \) konvergiert genau dann gegen ein \( x\in\mathbb R^n \) in \( (\mathbb R^n,d), \) falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) existiert mit \[ |x_\ell^{(k)}-x_\ell|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ k\ge N(\varepsilon) \] und alle \( \ell=1,2,\ldots,n. \)
10.1.2 Charakterisierung abgeschlossener Mengen
Mit Hilfe des obigen Konvergenzbegriffs lassen sich abschlossene Teilmengen in metrischen Räumen wie folgt charakterisieren:
Satz: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge \( U\subseteq X \) ist genau dann abgeschlossen, wenn für jede konvergente Folge \( \big\{x^{(k)}\big\}_{k=1,2,\ldots}\subset U \) mit \( x^{(k)}\to x\in X \) für \( k\to\infty \) gilt \[ \lim_{k\to\infty}x^{(k)}=x\in U. \]
Wir geben nur eine Beweisskizze und gehen dazu in zwei Schritten vor.
1. | Ist \( U \) abgeschlossen, so folgt \( x\in U. \) Andernfalls wäre \( x\in X\setminus U, \) und da \( X\setminus U \) offen ist, bildet \( X\setminus U \) eine Umgebung von \( x. \) Nach der Bemerkung nach der Definition in Paragraph 10.1.1 existiert ein \( \ell\in\mathbb N \) mit \( x^{(\ell)}\in X\setminus U \) im Widerspruch zu \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset U. \) |
2. | Nun gelte \( x^{(k)}\to x\in U \) für beliebige konvergente Folgen \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset U. \) Wir zeigen, dass \( X\setminus U \) offen ist und schließen daraus, dass \( U \) abgeschlossen ist. Wähle hierzu ein \( z\in X\setminus U. \) Falls nun für jedes \( \varepsilon\gt 0 \) gelten würde |
\[ B_\varepsilon(z)\cap U\not=\emptyset\,, \]
so finden wir zu jedem \( k\in\mathbb N \) ein \( z^{(k)}\in U \) mit (als Übung auszuführen) |
\[ d(z^{(k)},z)\lt\frac{1}{k}\,,\quad k=1,2,\ldots \]
Das bedeutet aber \( z^{(k)}\to z \) bzw. nach Voraussetzung \( z^{(k)}\to z\in U \) im Widerspruch zur Annahme \( z\in X\setminus U. \) Es existiert also ein \( \varepsilon\gt 0 \) mit |
\[ B_\varepsilon(z)\cap U=\emptyset \quad\mbox{bzw.}\quad B_\varepsilon(z)\subset X\setminus U, \]
d.h. \( X\setminus U \) ist offen und \( U \) ist abgeschlossen. |
Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)
Aufgaben - Definition von Konvergenz
Aufgabe 10.1.1: (Konvergente Folgen im \( \mathbb R^3 \))
Wir betrachten den metrischen Raum \( (\mathbb R^3,d) \) mit der Euklidischen Metrik \( d(x,y). \) Entscheiden Sie, ob folgende Folgen \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}, \) gegeben durch die Elemente \( x^{(k)}, \) in \( (\mathbb R^3,d) \) konvergieren, und bestimmen Sie ggf. den Grenzwert.
(i) | \( \displaystyle x^{(k)}=\left(1,\frac{1}{k}\,,\frac{k}{1+k}\right) \) |
(ii) | \( \displaystyle x^{(k)}=\left(\frac{1}{k},e^{-\,\frac{1}{k}}\,,\ln\left(1+\frac{1}{k}\right)\right) \) |
(iii) | \( \displaystyle x^{(k)}=\left(\sin\frac{1}{k}\,,\tan\frac{1}{k^2}\,,\sinh\frac{1}{k^3}\right) \) |
Aufgabe 10.1.2: (Konvergent oder nicht konvergent?)
Wir betrachten den metrischen Raum \( (\mathbb R^3,d) \) mit der Euklidischen Metrik \( d(x,y). \) Entscheiden Sie, ob folgende Folgen \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}, \) gegeben durch die Elemente \( x^{(k)}, \) in \( (\mathbb R^n,d) \) konvergieren.
(i) | \( \displaystyle x^{(k)}=\left(\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\,,\frac{1}{k}\,\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\,,\frac{1}{k^2}\,\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\right) \) |
(ii) | \( \displaystyle x^{(k)}=\left(\sum_{j=1}^k\frac{1}{j}\,,\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\,,\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^3}\right) \) |
Aufgaben - Charakterisierung abgeschlossener Mengen
Aufgabe 10.1.3: (Abgeschlossenheit reeller Zahlenintervalle)
Entscheiden Sie, ob die folgenden Mengen im metrischen Raum \( (\mathbb R,d) \) mit der gewöhnlichen Betragsmetrik \( d(x,y)=|x-y| \) abgeschlossen sind unter Benutzung des Kriteriums aus Paragraph 10.1.2.
(i) | \( U=(0,1] \) | (ii) | \( U=[0,1] \) |
1. | Wann heißt eine Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) in einem metrischen Raum \( (X,d) \) konvergent gegen ein Element \( x\in X? \) |
2. | Beweisen Sie, dass der Grenzwert einer konvergenten Folge in einem metrischen Raum eindeutig ist. |
3. | Welche Charakterisierung abgeschlossener Mengen in metrischen Räumen kennen Sie? |
Fundamental für die Analysis ist der folgende Begriff.
Definition: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum. Eine Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) heißt Cauchyfolge, falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) existiert mit \[ d(x^{(m)},x^{(n)})\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N(\varepsilon). \]
Vergleichen Sie diese Definition mit der Definition einer reellen Cauchyfolge aus der Vorlesung Analysis 1. Auch hier gilt der
Satz: Jede im Sinne von Paragraph 10.1.1 konvergente Folge eines metrischen Raumes ist eine Cauchyfolge.
Einen Beweis dieser Aussage belassen wir als Übungsaufgabe.
10.2.2 Definition von Vollständigkeit
Aus der Analysis 1 wissen wir, dass im metrischen Raum \( (\mathbb R,|\cdot|) \) mit der Betragsmetrik die Aussage des Satzes aus dem vorigen Paragraphen auch umgekehrt werden kann (Vollständigkeit der reellen Zahlen). Das führt uns zu der
Definition: Ein metrischer Raum \( (X,d) \) heißt vollständig oder ein Banachraum, falls jede Cauchyfolge aus \( X \) auch in \( X \) konvergiert.
Satz: Der normierte Vektorraum \( \mathbb R^n \) ist vollständig.
Beispiel: Betrachten den metrischen Raum \( (X,d) \) mit \( X=(0,1] \) und \( d(x,y)=|x-y|. \) Dann ist \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) mit \[ x^{(k)}:=\frac{1}{k}\,,\quad k=1,2,\ldots, \] eine Cauchyfolge, denn zu \( \varepsilon\gt 0 \) ermitteln wir \[ d(x^{(m)},x^{(n)}) =\left|\frac{1}{m}-\frac{1}{n}\right| \le\frac{1}{m}+\frac{1}{n} \le\frac{2}{N(\varepsilon)} \lt\varepsilon \] für alle \( m,n\ge N(\varepsilon) \) und geeignet gewähltem \( N(\varepsilon)\in\mathbb N. \) Es konvergiert die Folge aber nicht in \( X. \) Wäre nämlich \( x\in X \) ein Grenzwert der Folge, so berechnen wir für alle \( n\ge\frac{2}{x} \) \[ d(x^{(n)},x) =\left|\frac{1}{n}-x\right| =x-\frac{1}{n} \ge\frac{x}{2}\,, \] d.h. es gilt nicht \( d(x^{(n)},x)\to 0 \) für \( n\to\infty. \)
10.2.3 Der Cantorsche Durchschnittssatz
Wir kommen nun zu einem zentralen Resultat der Mengenlehre. Betrachte einführend dazu die reellen, abgeschlossenen, nichtleeren und ineinander geschachtelten Teilintervalle \[ U_k=\left\{x\in\mathbb R\,:\,0\le x\le\frac{1}{k}\right\},\quad k=1,2,\ldots \] Offenbar ist der Punkt \( 0\in\mathbb R \) Element jedes dieser \( U_k, \) d.h. \[ 0\in U_1\cap U_2\cap U_3\cap\ldots \]
Definition: Sei \( U\subseteq X \) eine Teilmenge eines metrischen Raumes \( (X,d). \) Dann verstehen wir unter ihrem Durchmesser den Ausdruck \[ \mbox{diam}\,U:=\sup\,\{d(x,y)\,:\,x,y\in U\}\,. \]
Nun zu dem angekündigten Resultat.
Satz: Es sei \( (X,d) \) ein vollständiger metrischer Raum. Ferner sei \[ U_1\supset U_2\supset U_3\supset\ldots \] eine Folge nichtleerer, abgeschlossener und ineinander geschachtelter Teilmengen mit der Eigenschaft \[ \lim_{k\to\infty}\mbox{diam}\,U_k=0. \] Dann existiert genau ein Punkt \( x\in X \) mit \( \displaystyle x\in\bigcap_{k=1}^\infty U_k. \)
Wir gehen in zwei Schritten vor.
1. | Die Eindeutigkeit belassen wir als Übung. Dazu ist die Annahme zweier verschiedener Punkte \( x\not=y \) mit den genannten Eigenschaften vermittels des Hausdorffschen Trennungsaxioms zu einem Widerspruch zu führen. |
2. | Wir kommen zur Existenz: Zu jedem \( \ell=1,2,\ldots \) wähle ein \( x^{(\ell)}\in U_\ell. \) Da |
\[ d(x^{(m)},x^{(n)})\le\mbox{diam}\,U_N \quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N, \]
bildet \( \{x^{(\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots}\subset X \) eine Cauchyfolge. Wegen der Vollständigkeit von \( (X,d) \) existiert also ein \( x\in X \) mit \( x^{(\ell)}\to x \) für \( \ell\to\infty. \) Fixiere nun ein beliebiges \( k\in\mathbb N. \) Da \( x^{(n)}\in U_k \) für alle \( n\ge k \) gilt auf Grund der Einschachtelungseigenschaft der \( U_k, \) und da alle \( U_k \) nach Voraussetzung abgeschlossen sind, folgt |
\[ \begin{array}{l} \{x^{(n)},x^{(n+1)},\ldots\}\subset U_k\quad\mbox{und somit} \\ x\in U_k\quad\mbox{für alle}\ k=1,2,\ldots \end{array} \]
Das war zu zeigen.\( \qquad\Box \)
Aufgabe 10.2.1: (Konvergente Folgen sind Cauchyfolgen)
Es seien \( (X,d) \) ein metrischer Raum und \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eine gegen ein \( x\in X \) konvergente Folge. Beweisen Sie, dass dann \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) auch eine Cauchyfolge in \( X \) ist.
Aufgabe 10.2.2: (Konvergente Teilfolgen von Cauchyfolgen)
Es seien \( (X,d) \) ein metrischer Raum und \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eine Cauchyfolge in \( X. \) Ferner existiere eine konvergente Teilfolge \[ \{x^{(k_\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots}\subset\{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \] mit der Eigenschaft \( \displaystyle\lim_{\ell\to\infty}x^{(k_\ell)}=x\in X. \) Beweisen Sie, dass dann auch gilt \[ \lim_{k\to\infty}x^{(k)}=x\in X. \]
Aufgaben - Definition von Vollständigkeit
Aufgabe 10.2.3: (Vollständigkeit des abgeschlossenen Einheitsintervalls)
Beweisen Sie, dass der metrische Raum \( (X,d) \) mit \( X=[0,1] \) und \( d(x,y)=|x-y| \) vollständig ist.
Aufgabe 10.2.4: (Beispiel eines unvollständigen Raumes I)
Vorgelegt sei der Raum \( (\mathbb R,d) \) mit \[ d(x,y)=|f(x)-f(y)|,\quad f(x):=\frac{x}{1+|x|}\,. \]
(i) | Zeigen Sie, dass \( (\mathbb R,d) \) ein metrischer Raum ist. |
Betrachten Sie nun die Folge \[ \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R \quad\mbox{mit}\quad x^{(k)}:=k,\ k=1,2,\ldots \]
(ii) | Zeigen Sie, dass \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) eine Cauchyfolge in \( (\mathbb R,d) \) ist. |
(iii) | Zeigen Sie, dass \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) in \( (\mathbb R,d) \) nicht konvergiert und daher \( (X,d) \) nicht vollständig ist. |
Aufgabe 10.2.5: (Beispiel eines unvollständigen Raumes II)
Wir betrachten die Menge \[ {\mathbb R}^{\mathbb N}:=\{x=(x_1,x_2,x_3,\ldots)\,:\,x_k\in\mathbb R\ \mbox{für alle}\ k=1,2,\ldots\} \] aller als Vektoren \( x\in{\mathbb R}^{\mathbb N} \) aufgefassten reellwertigen Folgen sowie den Teilraum \[ E:=\{x\in\mathbb R^{\mathbb N}\,:\,x_k\not=0\ \mbox{für höchstens endlich viele}\ k\}\,, \] ausgestattet mit der Supremumsnorm \[ \|x\|_\infty:=\sup_{k\in\mathbb N}|x_k|,\quad x\in\mathbb R^{\mathbb N}\,, \] und der hieraus induzierten Metrik \[ d(x,y)=\|x-y\|_\infty\,. \] Beweisen Sie, dass \( (E,d) \) nicht vollständig ist. Gehen Sie dazu wie folgt vor:
(i) | Zeigen Sie, dass die vermittels |
\[ x^{(\ell)}:=\left(1,\frac{1}{2}\,,\frac{1}{3}\,,\ldots,\frac{1}{\ell}\,,0,0,\ldots\right) \]
gegebene Folge \( \{x^{(\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots}\subset E \) eine Cauchyfolge ist. | |
(ii) | Zeigen Sie, dass es kein \( x\in E \) gibt mit |
\[ \lim_{\ell\to\infty}x^{(\ell)}=x. \]
Aufgaben - Der Cantorsche Durchschnittssatz
Aufgabe 10.2.6: (Notwendigkeit der Abgeschlossenheit)
Geben Sie ein Beispiel einer Folge \( \{U_k\}_{k=1,2,\ldots} \) offener Mengen \( U_k\subset\mathbb R \) mit den Eigenschaften \[ \begin{array}{l} U_1\supset U_2\supset U_3\supset\ldots,\quad \mbox{diam}\,U_k\to 0\ \mbox{für}\ k\to\infty\,, \\ \mbox{und}\quad \displaystyle\bigcap_{k=1}^\infty U_k=\emptyset\,. \end{array} \] Begründen Sie.
Aufgabe 10.2.7: (Notwendigkeit der Durchmesser-Bedingung)
Geben Sie ein Beispiel einer Folge \( \{U_k\}_{k=1,2,\ldots} \) abgeschlossener Mengen \( U_k\subset\mathbb R \) mit den Eigenschaften \[ \begin{array}{l} U_1\supset U_2\supset U_3\supset\ldots,\quad \mbox{diam}\,U_k\not\to 0\quad\mbox{für}\ k\to\infty\,, \\ \mbox{und}\quad \displaystyle\bigcap_{k=1}^\infty U_k=\emptyset\,. \end{array} \] Begründen Sie.
Aufgabe 10.2.8: (Notwendigkeit der Vollständigkeit)
Geben Sie ein Beispiel einer Folge \( \{U_k\}_{k=1,2,\ldots} \) abgeschlossener Mengen \( U_k\subset\mathbb Q \) mit den Eigenschaften \[ \begin{array}{l} U_1\supset U_2\supset U_3\supset\ldots,\quad \mbox{diam}\,U_k\to 0\ \mbox{für}\ k\to\infty, \\ \mbox{und}\quad \displaystyle\bigcap_{k=1}^\infty U_k=\emptyset. \end{array} \] Begründen Sie.
1. | Definieren Sie den Begriff Cauchyfolge in einem metrischen Raum \( (X,d). \) |
2. | Wann heißt ein metrischer Raum vollständig bzw. ein Banachraum? |
3. | Studieren Sie das Beispiel in Paragraph 10.2.2. |
4. | Wie lautet der Cantorsche Durchschnittssatz? |
10.3.1 Definition von Stetigkeit
Als nächstes wollen wir stetige Abbildungen auf metrischen Räumen betrachten. Vergleichen Sie die nachstehenden Setzungen mit den bekannten Begriffen für Funktionen \( f\colon\mathbb R\to\mathbb R \) aus der Vorlesung Analysis 1.
Definition: Es seien \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) zwei metrische Räume. Eine Abbildung \( f\colon X\to Y \) heißt stetig im Punkt \( x_0\in X, \) falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( \delta(x_0,\varepsilon)\gt 0 \) existiert mit \[ \varrho(f(x),f(x_0))\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ x\in X\ \mbox{mit}\ d(x,x_0)\lt\delta(x_0,\varepsilon). \] Die Abbildung \( f(x) \) heißt stetig auf \( X, \) falls sie in jedem Punkt \( x\in X \) stetig ist.
Bemerkung: Auch hier überzeugt man sich von der Gültigkeit des Folgenkriteriums der Stetigkeit: Die Abbildung \( f\colon X\to Y \) ist in \( x_0\in X \) stetig, falls \[ \lim_{x\to x_0}f(x)=f(x_0) \] erfüllt ist, d.h. wenn gilt \[ f(x^{(k)})\longrightarrow f(x_0) \] für jede Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) mit \( x^{(k)}\to x_0. \)
10.3.2 Ein topologisches Stetigkeitskriterium
Die Definition der Stetigkeit aus dem vorigen Paragraphen lässt sich zunächst wie folgt umschreiben:
Satz: Die Abbildung \( f\colon X\to\ Y \) zwischen den metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) ist stetig in \( x_0\in X \) genau dann, falls zu jeder offenen Umgebung \( V\subseteq Y \) von \( f(x_0)\in Y \) eine Umgebung \( U\subseteq X \) von \( x_0\in U \) existiert mit \[ f(U)\subseteq V. \]
Wir belassen einen Beweis dieses Satzes als Übung und kommen zu folgendem topologischen Stetigkeitskriterium.
Satz: Die Abbildung \( f\colon X\to Y \) zwischen den metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) ist genau dann stetig auf \( X, \) falls für jede in \( (Y,\varrho) \) offene Menge \( W\subseteq Y \) das inverse Bild \[ f^{-1}(W)=\{x\in X\,:\,f(x)\in W\} \] offen in \( (X,d) \) ist.
Bemerkung: Stetigkeit ist also eine Eigenschaft von Funktionen, die sich vermittels des topologischen Begriffs einer offenen Menge formulieren lässt und ist daher nicht auf Funktionen auf metrischen Räumen begrenzt. Dem Studium stetiger Abbildungen zwischen topologischen Räumen ist ein ganzes Gebiet der Mathematik gewidmet, die Topologie.
Wir gehen in zwei Schritten vor.
1. | Es sei \( f\colon X\to Y \) stetig auf \( X. \) Sei eine offene Menge \( W\subseteq Y \) beliebig gewählt. Wir setzen |
\[ A:=f^{-1}(W)=\{x\in X\,:\,f(x)\in W\}\,, \]
d.h. für jedes \( a\in A \) gilt \( f(a)\in W. \) Sei nun ein \( a\in A \) beliebig gewählt. Da \( W\subseteq Y \) offen ist, existiert ein offener Ball \( B(f(a))\subseteq W \) mit Zentrum \( f(a)\in W. \) Da \( f(x) \) stetig auf \( X \) ist, folgt mit dem vorigen Satz die Existenz eines offenen Balles \( B(a)\subseteq X \) um \( a\in X, \) so dass gilt |
\[ f(B(a))\subseteq B(f(a))\subseteq W, \]
d.h. es ist insbesondere |
\[ f(x)\in W\quad\mbox{für alle}\ x\in B(a). \]
Das bedeutet, dass auch \( B(a)\subseteq A=\{x\in W\,:\,f(x)\in W\}, \) d.h. die Menge \( A \) ist offen. | |
2. | Nun werden offene Mengen in \( (Y,\varrho) \) vermittels \( f^{-1}\colon Y\to X \) offenen Mengen in \( (X,d) \) zugeordnet, wie in der Behauptung formuliert. Nachzuweisen ist die Stetigkeit von \( f\colon X\to Y. \) Wähle dazu ein \( a\in X \) beliebig sowie eine beliebige offene Umgebung \( W\subseteq Y \) des Bildes \( f(a)\in Y. \) Nach Voraussetzung ist |
\[ A:=f^{-1}(W)\subseteq X \]
offen in \( (X,d) \) und gleichzeitig eine offene Umgebung von \( a\in X, \) da ja \( f(a)\in W. \) Außerdem gilt |
\[ f(A)=f(f^{-1}(W))=f(\{x\in X\,:\,f(x)\in W\})\subseteq W, \] d.h. nach dem vorigen Satz ist \( f\colon X\to Y \) stetig.
Damit ist alles bewiesen.\( \qquad\Box \)
10.3.3 Der Raum der stetigen Funktionen
Wir wollen noch wichtige Rechenregeln für stetige Funktionen ohne Beweis notieren. Vergleichen Sie dazu die entsprechenden Paragraphen aus der Vorlesung Analysis 1.
Satz: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum, und es seien \( f,g\colon X\to\mathbb R \) stetig auf \( X. \) Dann sind auch die Summe und das Produkt \[ (f+g)(x):=f(x)+g(x),\quad (f\cdot g)(x):=f(x)\cdot g(x),\quad x\in X, \] stetig auf \( X. \) Gilt zudem \( g(x)\not=0 \) auf \( X, \) so ist auch der Quotient \[ \left(\frac{f}{g}\right)(x):=\frac{f(x)}{g(x)}\,,\quad x\in X, \] stetig auf \( X. \)
Satz: Es seien \( f\colon X\to Y \) und \( g\colon Y\to Z \) stetige Funktionen zwischen den metrischen Räumen \( (X,d), \) \( (Y,\varrho) \) und \( (Z,\sigma). \) Dann ist auch die Komposition \[ h\colon X\longrightarrow Z \quad\mbox{vermöge}\quad h(x):=g\circ f(x),\ x\in X, \] stetig auf \( X. \)
Aufgaben - Definition von Stetigkeit
Aufgabe 10.3.1: (Erste Beispiele stetiger Abbildungen)
Zeigen Sie, dass die folgenden Abbildungen \( f,g,h\colon\mathbb R^2\to\mathbb R \) zwischen den beiden metrischen Räumen \[ \begin{array}{lll} \displaystyle (\mathbb R^2,d) & \mbox{mit} & d(x,y):=\sqrt{(x_1-y_1)^2+(x_2-y_2)^2}\,, \\ \displaystyle (\mathbb R,\varrho) & \mbox{mit} & \varrho(u,v):=|u-v| \end{array} \] im Sinne der Definition aus dem Paragraphen 10.3.1 stetig sind:
(i) | \( f(x_1,x_2)=x_1 \) |
(ii) | \( g(x_1,x_2)=x_1+x_2^2 \) |
(iii) | \( h(x_1,x_2)=|x_1|+x_2^2 \) |
Aufgabe 10.3.2: (Erste Beispiele stetiger Abbildungen)
Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum, und es sei \( x_0\in X \) ein isolierter Punkt von \( X, \) d.h. mit einem geeigneten \( \varepsilon\gt 0 \) gilt \[ B_\varepsilon(x_0)\cap X=\{x_0\} \] Beweisen Sie, dass jede Funktion \( f\colon X\to\mathbb R \) stetig in diesem Punkt \( x_0\in X \) ist.
Aufgabe 10.3.3: (Stetigkeit der Abstandsfunktion)
Es sei \( A\subset\mathbb R^n \) eine nichtleere Menge. Als Abstand eines Punktes \( x\in\mathbb R^n \) zur Menge \( A \) verstehen wir den Ausdruck \[ d_A(x):=\inf\,\{d(x,a)\,:\,a\in A\} \] mit der Euklidischen Metrik \( d(x,y)=\|x-y\|_2 \) im \( \mathbb R^n. \) Beweisen Sie:
(i) | Für alle \( x,y\in\mathbb R^n \) gilt |
\[ |d_A(x)-d_A(y)|\le d(x,y). \]
(ii) | Die Funktion \( d_A\colon\mathbb R^n\to\mathbb R \) ist in \( \mathbb R^n \) stetig. |
(iii) | Ein Punkt \( x\in\mathbb R^n \) liegt genau dann im Abschluss \( \overline{A}, \) wenn \( d_A(x)=0. \) |
Aufgaben - Ein topologisches Stetigkeitskriterium
Aufgabe 10.3.4: (Eine weitere Charakterisierung stetiger Abbildungen)
Beweisen Sie: Eine Abbildung \( f\colon X\to Y \) zwischen den metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) ist genau dann stetig auf \( X, \) falls für jede in \( (Y,\varrho) \) abgeschlossene Menge \( W\subseteq Y \) das inverse Bild \[ f^{-1}(W)=\{x\in X\,:\,f(x)\in W\} \] abgeschlossen in \( (X,d) \) ist.
Aufgaben - Der Raum der stetigen Funktionen
Aufgabe 10.3.5: (Stetigkeit von Funktionen I)
Es sei \( a\in\mathbb R. \) Betrachten Sie folgende, vermöge \[ f(x,y) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{xy}{x^2+y^2}\,, & \mbox{falls}\ (x,y)\not=(0,0) \\ a, & \mbox{falls}\ (x,y)=(0,0) \end{array} \right. \] gegebene Funktion zwischen den normierten Räumen \( (\mathbb R^2,\|\cdot\|_2) \) und \( (\mathbb R,|\cdot|). \)
(i) | Begründen Sie, dass \( f(x,y) \) in jedem Punkt \( (x,y)\in\mathbb R^2\setminus\{(0,0)\} \) stetig ist. |
(ii) | Lässt sich ein \( a\in\mathbb R \) derart bestimmen, dass \( f(x,y) \) auch in \( (0,0) \) stetig ist? Begründen Sie, und geben Sie ggf. ein solches \( a \) an. |
Aufgabe 10.3.6: (Stetigkeit von Funktionen II)
Es sei \( a\in\mathbb R. \) Betrachten Sie folgende, vermöge \[ f(x,y) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{x^2y^2}{x^2+y^2}\,, & \mbox{falls}\ (x,y)\not=(0,0) \\ a, & \mbox{falls}\ (x,y)=(0,0) \end{array} \right. \] gegebene Funktion zwischen den normierten Räumen \( (\mathbb R^2,\|\cdot\|_2) \) und \( (\mathbb R,|\cdot|). \)
(i) | Begründen Sie, dass \( f(x,y) \) in jedem Punkt \( (x,y)\in\mathbb R^2\setminus\{(0,0)\} \) stetig ist. |
(ii) | Lässt sich ein \( a\in\mathbb R \) derart bestimmen, dass \( f(x,y) \) auch in \( (0,0) \) stetig ist? Begründen Sie, und geben Sie ggf. ein solches \( a \) an. |
Aufgabe 10.3.7: (Stetigkeit von Funktionen III)
Es sei \( a\in\mathbb R. \) Betrachten Sie folgende, vermöge \[ f(x,y) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{x^2-y^2}{x^2+y^2}\,, & \mbox{falls}\ (x,y)\not=(0,0) \\ a, & \mbox{falls}\ (x,y)=(0,0) \end{array} \right. \] gegebene Funktion zwischen den normierten Räumen \( (\mathbb R^2,\|\cdot\|_2) \) und \( (\mathbb R,|\cdot|). \)
(i) | Begründen Sie, dass \( f(x,y) \) in jedem Punkt \( (x,y)\in\mathbb R^2\setminus\{(0,0)\} \) stetig ist. |
(ii) | Lässt sich ein \( a\in\mathbb R \) derart bestimmen, dass \( f(x,y) \) auch in \( (0,0) \) stetig ist? Begründen Sie, und geben Sie ggf. ein solches \( a \) an. |
Aufgabe 10.3.8: (Stetigkeit von Funktionen IV)
Es sei \( a\in\mathbb R. \) Betrachten Sie folgende, vermöge \[ f(x,y) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{x^2-y^2}{x^2+y^2}\,xy, & \mbox{falls}\ (x,y)\not=(0,0) \\ a, & \mbox{falls}\ (x,y)=(0,0) \end{array} \right. \] gegebene Funktion zwischen den normierten Räumen \( (\mathbb R^2,\|\cdot\|_2) \) und \( (\mathbb R,|\cdot|). \)
(i) | Begründen Sie, dass \( f(x,y) \) in jedem Punkt \( (x,y)\in\mathbb R^2\setminus\{(0,0)\} \) stetig ist. |
(ii) | Lässt sich ein \( a\in\mathbb R \) derart bestimmen, dass \( f(x,y) \) auch in \( (0,0) \) stetig ist? Begründen Sie, und geben Sie ggf. ein solches \( a \) an. |
1. | Wann heißt eine Funktion \( f\colon X\to Y \) zwischen zwei metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) stetig in einem Punkt \( x_0\in X, \) wann stetig in \( X? \) |
2. | Wie lautet das Folgenkriterium der Stetigkeit? |
3. | Wie lautet unser topologisches Stetigkeitskriterium? |
4. | Welche Bedeutung besitzt das topologische Stetigkeitskriterium? |
5. | Welche Rechenregeln für stetige Funktionen haben wir kennengelernt? |
6. | Wie lässt sich der Abstand eines Punktes zu einer Menge messen? |
7. | Welche Eigenschaften besitzt diese Abstandsfunktion? |
8. | Welche weitere Charakterisierung der Stetigkeit über abgeschlossene Mengen kennen Sie? |